Rammis
Rüde
Rubrik

5/1997

Wenn so jemand wie ich sich Tag für Tag tapfer bemüht, den Umweltschutzgedanken im Kleinen wie im Großen voranzutreiben, dann passiert es ihm doch bisweilen, daß jemand ganz unschuldig fragt:

"Warum machst Du das Ganze eigentlich?"

Schön wäre doch jetzt, wenn ich mit verschämt-verschmitztem Augenaufschlag antworten könnte: "Ach, weiß du, Umweltschutz ist einfach sexy." Das würde das Herz jeder Marketingexpertin höher schlagen lassen. Und es wäre auch so schön, wenn man von Menschen des anderen Geschlechts (oder desselben, je nach Gusto) umschwärmt würde, weil man so geil öko drauf ist. Aber nix, wie ich aus eigener leidvoller Erfahrung berichten kann. Ja damals, als ich noch ein schnelles Motorrad mein eigen nannte... -- aber das gehört nicht hierher.

Die Realität ist natürlich dummerweise so, daß Umweltschutz nicht die Bohne sexy ist, sondern daß vernunftgesteuerte Gutmenschen, die diesen Planeten für ihre Kinder erhalten wollen, in unserer Fun-Gesellschaft nur mitleidig belächelt werden. Ökologie ist einfach nicht so recht spaßkompatibel. Eher taugt sie für einen Horrorfilm, z. B. als eine Art ökologischer AIDS-Spot:


Sie und er lernen sich kennen, fahren voll aufeinander ab und begeben sich zu ihrer Wohnung. Auf der Treppe stutzt sie plötzlich, kuschelt sich nochmal an ihn und flüstert ihm ins Ohr: "Hast Du denn auch an ...mhm... gedacht?"

Er siegesbewußt: "Aber natürlich, das ist doch selbstverständlich!"

Und sie drücken sich nochmal zärtlich. In der Wohnung geht es gleich zur Sache [Zeit ist Geld, besonders im Werbespot], doch was zeigt ihr Gesicht, als er ihr -- statt eines knallbunten Etwas mit Fruchtgeschmack -- stolz ein an einem Ende zugeknotetes Stück Schweinedarm präsentiert? Na klar: blankes Entsetzen, ungebremsten Horror, beginnenden Wahnsinn... [Doch halt, dieses ist eine familienfreundliche Kolumne, deshalb folgt jetzt unerwartet ein Happy End:]

Sie nimmt ihren ganzen Mut zusammen, beugt sich zu ihm hinüber und drückt ihm einen sanften Kuß auf den Mund. Plopp! Er verwandelt sich in einen Frosch, sie greift die verblüffte Amphibie, stopft sie in den Schweinedarm und entsorgt beide fachgerecht in der grünen Tonne.

Nun, selbst wenn das ökologisch ist, ist es auf keinen Fall sexy.

Also sollte man hoffen, das Ökologie wenigsten cool ist, weil das eine andere Eigenschaft ist, auf die moderne Menschen heutzutage voll abfahren.

Aber Umweltschutz ist leider auch nicht cool. Dazu muß man sich nur Humphrey Bogart mit Birkenstocks, Strickpullunder, Fahrradhelm und einer Möhre im Mundwinkel vorstellen. Um das im Bewußtsein der Leute als cool zu verankern, wären sicherlich noch mehr Werbemilliarden nötig, als sie eine bekannte Brausefirma aus dem Fenster wirft (dieses Jahr immerhin genug, daß sie genausogut jedem Menschen eine Dose von ihrer Plörre hätten schenken können).

Ich könnte auch einfach behautpten, daß ich aus Bequemlichkeit Umweltschützer bin. Schließlich ist Komfort hierzulande sehr gefragt, aber dummerweise komme ich damit doch schnell in arge Begründungsnot: "Ach, weißt du, ich muß schließlich weniger arbeiten, weil ich ja kein Auto hab, da hab ich dann mehr Zeit zum Pfandgläser spülen, Altpapier wegbringen, äähh..."

So bleibt mir auf eine solche Frage nur die Flucht nach vorne: "Ach, weißt du, meine Nachbarn machen das auch." Und damit ist dann alles gesagt. Wir sind schließlich in Deutschland. Und es wär doch auch schön, wenn's stimmte.