Rammis
Rüde
Rubrik

3/1996

Ökologische Probleme und ihre Lösung unter der besonderen Berücksichtigung menschlichen Instinktverhaltens

Aber zunächst einmal für die Menschen, die ständig darüber jammern, daß sie diese Spalten nicht lesen könnten, weil sie immer zu lang(weilig?) sind; und daß es doof ist, daß ich nie etwas über das Jammern schriebe; und daß es immer noch so furchtbar kalt ist; und ...: ein Lob des Jammerns.

Denn was ist schon Zufriedenheit? Die Zufriedenheit sitzt bierbäuchig vor der Glotze, guckt Sportschau und frißt Chips (stell' ich mir zumindest so vor, alle zufriedenen LeserInnen, die anders sind, bitte schreiben. Aber ich will schon was anderes lesen als Ökoweinbäckchen, Behindertenolympiade und Apfelringe). Die Jammernden jedoch, sie sind die Sehenden in der dumpfen Schafsherde der Zufriedenen, und wo die anderen noch arglos grasen, wittern sie schon die Wölfe! Mäh, so blöken sie, mäh!; und würden die anderen auf sie hören, so wäre noch Rettung möglich. Aber nein, das ist der Jammer mit den Jammernden, keiner hört auf sie, und die Wölfe können ihre grausige Mahlzeit ungestört beginnen (Natürlich fressen sie die Jammernden zuerst, denn die würden ihnen sonst mit ihrer ewigen Nörgelei das Frühstück verderben)!

Womit ich ganz unmerklich zu Berufsrisiken von Rubrikschreiberlingen übergeleitet habe. Außer das uns eine aufgebrachte Leserin uns unser Geschreibsel mit den Worten "Ich fand's zum Kotzen, nun schau mal, wie dir das schmeckt!" ins Maul stopft (was wir natürlich souverän mit "Mbl Hmpf!" beantworten), können wir uns auch bei anderen KolumnistInnen mit Stil anstecken. Dagegen hilft nur, daß wir keine fremden Kolumnen lesen. Nachdem aber wirklich jedes Blättchen in Braunschweig sich einen Kolum-Nistplatz leistet, ist das verdammt schwierig. Vor dem Schreiben der Einleitung habe ich zum Beispiel versehentlich die "Kraft-Worte" in der nb gelesen und schwupp, schon war ich infiziert.

Treue LeserInnen werden es schon vermißt haben, das vierteljährliche Autofahrenden-Bashing. Aber keine Angst:

Der ADAC versucht verzweifelt, durchzusetzen, daß die Autofahrerenden die "Melkkühe der Nation" sind. Doch leider haben diese einen derart lobenswerten Status noch lange nicht erreicht. Auch "Umweltschweine der Nation" trifft es nicht so richtig, denn Schweine sind ganz nützliche und intelligente Tiere. Dazu später mehr, wir schalten um zum Titelthema:

Bald ist es wieder soweit: großes Stauhappening auf Deutschlands Autobahnen. Millionen Menschen vergiften sich und die Umwelt im Stop-and-Go, Kinder weinen, Babys kotzen, Nerven reißen. Das alles läuft unter dem Vorwand, dem Streß zu entkommen und wird von Jahr zu Jahr schlimmer, bis es in naher Zukunft zum Dauerstau führt. Der ADAC schlägt als Abhilfe zum einen Stauwarnungen, zum anderen Ausbau der Autobahnen vor. Beides funktioniert natürlich kein bißchen, das erste appelliert an eine offensichtlich nicht vorhandene Vernunft, das zweite macht es bereits seit Jahren immer nur noch schlimmer.

Ein sinnvolle Lösung des Problems muß die folgenden Tatsachen einbeziehen:

  1. Autofahrende handeln nicht vernunftgesteuert.
  2. Die Vergiftung erfolgt schleichend und damit unbemerkt.
  3. Das Problem tritt verschärft im Sommer auf.
  4. Globale Zusammenhänge müssen berücksichtigt werden.

Als Lösung bietet sich an, alle Kläranlagen und Rieselfelder direkt an die Autobahnen zu verlegen. Dieses Vorgehen besticht durch die folgenden Vorteile:

  1. Die Autofahrenden werden über ihren Instinkt angesprochen, Vernunft wird nicht benötigt.
  2. Die unmerkliche Vergiftung durch die Autoabgase wird durch ein deutliches Warnsignal begleitet.
  3. Gerade im Sommer sind die beteiligten Gärprozesse hochaktiv.
  4. Entlang der Autobahnen kann guten Gewissens eh nichts angebaut werden; und auch die Tierpopulationen werden von einem Überqueren der gefährlichen Zone abgehalten.

Wir schalten zurück: Flugfähige Truthähne können durch fünfzig Zentimeter hohe Zäune eingesperrt werden. In ihre Instinktprogrammierung ist eingebaut, daß es energetisch günstiger ist, z. B. umgefallene Bäume zu umgehen statt zu überfliegen. Diese Programmierung führt im Falle eines Geheges im wahrsten Sinne des Wortes zu einer Endlosschleife, und die Tiere kommen von alleine aus dieser für sie schädlichen Situation nicht heraus. Da dies Verhalten fatal an die stauenden Autofahrenden erinnert, schlage ich vor, Autofahrende fortan als "Puter der Nation" zu bezeichnen. Und dann: Laßt sie uns schlachten!


Rammi