Rammis
Rüde
Rubrik

4/1995

Die sogenannte schöne Jahreszeit ist nicht nur die Zeit, in der einige Bewohner der Nordhalbkugel mit ihrem Anblick (und einigem anderen) unnützerweise den gesamten Planeten verpesten, sondern - zumindest für rasende Rüpelradler wie meine Wenigkeit - auch HundehalterInnenhaßhalbjahr. Diese terrorisieren nämlich mit ihren ausziehbaren Hundeleinen Wald und Flur. Das Prinzip ist einfach: An mindestens einem Ende der Strippe hängt ein degeneriertes Geschöpf, daß durch geschicktes, scheinbar zufälliges Herumirren just in dem Moment eine Fangleine spannt, in dem unsereiner mit Affenzahn vorbeidonnern will. Plötzlich aus dem Endorphinrausch gerissen, stehen wir vor der Wahl: Vollbremsung oder Drüberbrettern. Da wir - im Gegensatz zu dem zweibeinigen Ende der Leine - tatsächlich einigermaßen tierlieb sind (und weil wir Angst haben, daß die Leine sich in unseren Rädern verfängt und in der Folge das Fahrrad stehenbleibt, während wir weiterfahren) entscheiden wir uns dann doch meistens für das abrupte Vernichten unserer mühsam zusammengestrampelten kinetischen Energie...

Das alles bestätigt jetzt nicht nur mein altes Vorurteil, daß HundehalterInnen versteckte faschistoide Tendenzen haben, sondern lehrt auch noch, daß der Erfinder oder die Erfinderin (ich bleib mal bei sie) der ausziebaren Hundeleine auf keinen Fall Radfahrerin gewesen sein kann. Und da das jetzt niemanden verblüfft, schiebe ich gleich noch die überraschende These hinterher, daß sie auch keine Autofahrerin war. Die Begründung ist ganz einfach: AutofahrerInnen führen ihre Lieblinge aus, indem sie sie auf einem für Fahrzeuge aller Art gesperrten (Feld-)Weg rausschmeißen und dann einfach losfahren. Die Tierchen gehorchen ihrem Herdentrieb und hetzen, mit heraushängender Zunge fast am Auspuff klebend, hinterher. Am Ende des Weges wird die Autotür aufgeklappt und Hundchen quält sich mit letzter Kraft hinein. Durch die akute Kohlenmonoxidvergiftung ist dann erst mal für die nächsten Stunden Ruhe. AutofahrerInnen benötigen also gar keine Leinen. QED.

Daß die UMWELTZEITUNG (diese Rubrik hier natürlich ausgenommen) ihre LeserInnen nicht unbedingt überfordert, ist Dir bestimmt schon mal aufgefallen. Daß sie allerdings sogar noch unter dem Niveau von Sri Jagadeesha B. liegen soll, hat nun sogar mich verblüfft. Von selbigem kam mir nicht nur zu Augen, daß weit über den Dingen schwebt (siehe nebenstehende Postkarte), sondern ich hörte auch, daß er vor Tätlichkeiten nicht zurückschreckt, wenn mensch ihn von seinem hohen Roß holt. Sollte das stimmen, werde ich wohl demnächst seine Bekanntschaft machen.

Auf dem Ökomarkt sieht mensch jedes Jahr wieder die gleichen traurigen Gestalten zwischen den immergleichen langweiligen Ständen herumirren. Doch halt, dieses Vorurteil von mir wurde dieses Jahr nur halb bestätigt. Zuerst kippte ich fast aus den Birkenstock-Latschen, als ich den Stand von einem Ökobringdienst (natürlich mit Auto) entdeckte. Ist es wirklich schon soweit gekommen? Aber dann radelte ich doch noch glücklich nach Hause, weil ich das folgende Stückchen Ökopoesie an einer Schautafel eines biologisch-dynamischen Marktstandes entdeckte: "Pflanzliche Substanzen, in tierischen Hüllen aufbewahrt, werden hochpotenziert auf Pflanzen und Erde aufgebracht." Bitte gleich nochmal lesen.

Ja, dafür kämpfen wir, nicht wahr.