Rammis
Rüde
Rubrik

3/1995

Diesmal mit großem Gewinnspiel!

Heute, wo ich diese wertvollen Worte aus meinem Kopf in den Rechner transferiere, ist der große Meckerabend mit Stadtbaunase Beckmann. Die Bürger dürfen sich beschweren, warum Radfahren in unserer Stadt nach wie vor als Stiefkind behandelt wird. Große Frage ist zum Beispiel, warum das einigermaßen brauchbare Radwegekonzept, das schon seit einiger Zeit existiert, nicht in die Tat umgesetzt wird. Der Grund ist ganz einfach. Bei der Weitergabe an die Verwaltung ist ein Übertragungsfehler passiert. Das kleine 'e' ist verlorengegangen. (Es kann von seiner Mutti an der Information abgeholt werden.) Deshalb heißt es jetzt Radwegkonzept (lies Rad-weg!-Konzept) und dies wird, wie schmerzende Hintern und so mancher Sperrmüllhaufen bezeugen, von unserer Verwaltung sehr konsequent in eine Radwegplanung und Radweg-Verbesserungsmaßnahmen umgesetzt.

Am Tag X, als der Castor-Behälter (für die Pop-Jugend: Kastor und Pollux waren unzertrennliche Zwillingssöhne des Obermackergottes Zeus. Als sie, natürlich gemeinsam, eine Frau raubten, wurde Kastor getötet. Damit die beiden auch weiterhin zusammensein konnten, verfügte Zeus, daß beide jeweils einen Tag in der Unterwelt und einen Tag im Olymp leben sollten.) in Dannenberg von der Bahn auf den Tieflader umgesetzt wurde, donnerte genau über den Verladekran ein Tiefflieger. Die ständig präsenten Hubschrauber waren wundersamerweise gerade alle etwas abseits. Dieser Vorfall fand in keiner mir bekannten Zeitung oder Nachrichtensendung Erwähnung. Dabei hätte ich gern gewußt, was das sollte. Dummheit? Private Protestaktion? Keine Ahnung.

Nachdem ich mich durch zahllose (also Null) Dankesschreiben für meine letzte Rubrik durchgearbeitet habe, kam natürlich die Frage auf: "Was treibt eigentlich so die typische Umweltzeitungs-LeserIn?"

  • Bist Du konsequenter Müsli, der jedes Jahr wieder nach Goa fliegt?
  • Oder stolze Besitzerin eines vorbildlich energiegedämmten Hauses irgendwo in der Pampa, die pro Tag mindestens zweimal mit dem Zweitauto nach BS gurkt, um den lieben Nachwuchs bei der Freien Schule abzuliefern & abzuholen?
  • Vielleicht bist Du Computer-Hackerin mit Eco-Touch, die sich im Zuge der letzten jährlichen Aufrüstung einen Green-PC zugelegt hat und dabei geflissentlich übersah, daß die geliebte Kiste niemals auch nur annähernd soviel Energie spart, wie ihre Herstellung gekostet hat?
  • Bist Du tierlieb und fährst mit dem Auto Futter für die notleidenden Tauben spazieren, während bei einem Tankerunglück mal wieder zehntausende Seevögel verrecken? (Apropos: Shell läßt gerade eine Vogelwaschmaschine entwickeln. Das müßte Dich doch freuen.)
  • Du könntest auch Fahrradfreak sein, der immer konsequent alle Wege pedalierend zurücklegt und es doch nie schaffen, so oft die Welt zu umrunden, wie es so ziemlich jedes Teil Deiner drei Bikes schon gemacht hat.
  • Oder bist Du engagierter Umweltredakteur und würdest für Geld alles tun, Hauptsache, Du mußt nicht allzudeutlich darüber schreiben?

Wie auch immer. Liebe Leserin, lieber Leser, wir nähern uns jetzt dem Höhepunkt dieser Rubrik (Leise einsetzendes Trommeln). Ich werde Dir gleich etwas verraten, was Dir kein Politiker erzählt, weil er lieber wiedergewählt werden möchte (Trommeln steiget sich). Es steht auch nicht in der Zeitung, weil die weiterhin gekauft werden möchte (Trommeln wird intensiv). Aber hier, in dieser freien Republik Rüde Rubrik, hier sollst Du es endlich erfahren (Trommeln bricht ab, atemlose Stille): Du kannst so nicht weitermachen, Du verbrauchst immer noch zuviel von den Resourcen dieses ausgequetschten Planeten, Du mußt auf liebgewonnene Bequemlichkeiten verzichten (und Tusch!). Klar, es gibt da die anderen Arschlöcher, die es noch viel doller treiben, die nicht einmal soviel Gewissen haben, daß sie es durch das Lesen dieser Zeitung beruhigen müßten. Aber es nützt nix, mit den Fingern auf sie zeigen, während Du die Hände in den Schoß legst. Das sieht lediglich obszön aus.

Doch Verzicht muß nichts schlechtes sein, wie Du vermutlich schon festgestellt hast. Um also die jetzt erschütterte LeserIn-Blatt-Bindung wieder festzuzurren, gibt es das ultimative Gewinnspiel: Du schreibst mir, was durch Verzicht gewonnen wird, beziehungsweise, was Du bereits durch Verzicht gewonnen hast (Motto: Ich verzichte gern! (passend zum 50. Jahrestag der Beendigung der Aktion Ich vernichte gern!)).

Ich winke dafür mit den folgenden, bisher nie dagewesenen Gewinnen:

1. Preis:
Ich nehme Dir Deinen Wäschetrockner weg. Zusätzlich zum guten Gewissen bekommst Du noch eine Wäscheleine.
2. Preis:
Ich nehm Dir Dein Auto weg. Wenn ich es auftreibe, bekommst Du ein Fahrrad, ansonsten eine Fahrkarte der BVAG.
3. Preis:
Ich nehm Dir Deinen Computer weg. Stattdessen bekommst Du einen mechanischen Rechner oder einen Rechenschieber.

Einsendungen bis zum [lang lang ist's her] an die Umweltzeitung, Stichwort "RRR".

Schließen möchte ich heute mit den goldenen Worten meiner Mutter:

"Ich verstehe gar nicht, wie du dich für Umweltschutz einsetzen kannst. Du räumst doch nicht einmal dein Zimmer auf!"

In diesem Sinne...